“In der Vorrede zu meiner Philosophie des Rechts befinden sich die Sätze:
Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig.
Diese einfachen Sätze haben manchen auffallend geschienen und Anfeindung erfahren, und zwar selbst von solchen, welche Philosophie und wohl ohnehin Religion zu besitzen nicht in Abrede sein wollen. Die Religion wird es unnötig sein in dieser Beziehung anzuführen, da ihre Lehren von der göttlichen Weltregierung diese Sätze zu bestimmt aussprechen. Was aber den philosophischen Sinn betrifft, so ist so viel Bildung vorauszusetzen, daß man wisse, nicht nur daß Gott wirklich, - daß er das Wirklichste, daß er allein wahrhaft wirklich ist, sondern auch, in Ansehung des Formellen, daß überhaupt das Dasein zum Teil Erscheinung und nur zum Teil Wirklichkeit ist. Im gemeinen Leben nennt man etwa jeden Einfall, den Irrtum, das Böse und was auf diese Seite gehört, sowie jede noch so verkümmerte und vergängliche Existenz zufälligerweise eine Wirklichkeit. Aber auch schon einem gewöhnlichen Gefühl wird eine zufällige Existenz nicht den emphatischen Namen eines Wirklichen verdienen; - das Zufällige ist eine Existenz, die keinen größeren Wert als den eines Möglichen hat, die so gut nicht sein kann, als sie ist. Wenn aber ich von Wirklichkeit gesprochen habe, so wäre von selbst daran zu denken, in welchem Sinne ich diesen Ausdruck gebrauche, da ich in einer ausführlichen Logik auch die Wirklichkeit abgehandelt und sie nicht nur sogleich von dem Zufälligen, was doch auch Existenz hat, sondern näher von Dasein, Existenz und anderen Bestimmungen genau unterschieden habe.”
G.W.F.Hegel Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse Einleitung §6 >>>
“ ... In dieser Überzeugung steht jedes unbefangene Bewußtsein wie die Philosophie, und hiervon geht diese ebenso in Betrachtung des geistigen Universums aus als des natürlichen. Wenn die Reflexion, das Gefühl oder welche Gestalt das subjektive Bewußtsein habe, die Gegenwart für ein Eitles ansieht, über sie hinaus ist und es besser weiß, so befindet es sich im Eitlen, und weil es Wirklichkeit nur in der Gegenwart hat, ist es so selbst nur Eitelkeit. Wenn umgekehrt die Idee für das gilt, was nur so eine Idee, eine Vorstellung in einem Meinen ist, so gewährt hingegen die Philosophie die Einsicht, daß nichts wirklich ist als die Idee. Darauf kommt es dann an, in dem Scheine des Zeitlichen und Vorübergehenden die Substanz, die immanent, und das Ewige, das gegenwärtig ist, zu erkennen.”
G.W.F.Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts Vorrede >>>
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